Mittwoch, 24.04.2019 - Es ist der Mittwoch nach Ostermontag. Ich fühle mich irgendwie dick nach der ganzen Fresserei und schimpfe mit mir selbst, dass ich schon lange nicht mehr beim Sport war. Wegen hohem Arbeitsaufkommen in der Firma nehme ich mir nur den halben Tag frei und setze mich gegen 08:30 Uhr mit einem schwarzen Kaffee - aus fitnesstechnischen Gründen ohne Zucker und ohne Milch - an den heimischen Schreibtisch. Dazu gönne ich mir eine holländische Stroopwaffel - das sind köstliche Karamellwaffeln mit einem leckeren Buttergeschmack.
Wer mich kennt weiß, dass ich quasi ein Chamäleon bin, bzw. noch heftiger bin als ein Chamäleon. Ich verwandle mich in ein komplett anderes Tier - Zack: Tiger, Zack: Dackel. Wer mich nicht kennt, glaubt dass ich nur Unternehmensberater oder nur Konzertfotograf bin. Heute gehe ich beiden Passionen nach. Der Vormittag ist schnell vorbei und ich beginne meinen inzwischen schon heftig abgerockten Fotorucksack zu packen. Zusätzlich schmeiße ich ein frisches T-Shirt und ein schwarzes Hemd in meinen Broadway Killers Jutebeutel. Ein schwarzes Hemd kann nicht schaden, schließlich haben die lieben Donots heute GEBURTSTAG!!! Es wird sich später rausstellen, dass zusätzliche Kleidung eine weise Entscheidung war - Während ich diese Zeilen schreibe schlage ich zur Sicherheit das Wort weise im Duden nach, was von meiner Waißhait zoigt!
Verabredet bin ich mit den Itchys um 15:00 Uhr und fahre pünktlich um 14:55 Uhr zum nahegelegenen Stahlwerk. Es ist ein wunderschöner Frühlingstag, ich bekomme einen super Parkplatz und beim Abschließen des Autos vernehme ich bereits, wie die Donots ihren Sound abchecken. Als ich auf‘s Gelände komme, treffe ich zunächst auf den Filmstar Bobbes, den ich vor Kurzem erst im Kino gesehen hab. Der Itchy-Backliner hatte bei der diesjährigen Toten Hosen Tour den Bass-Techniker gemimt und war im sehr empfehlenswerten Kinofilm „Weil du nur einmal lebst“ für ca. 1,3 Sekunden auf der riesigen Leinwand meines Düsseldorfer Kinos des Vertrauens zu sehen.
„Backstage ist im zweiten Stock“ höre ich nach einer herzlichen Umarmung. Da gerade der Bus ausgeräumt wird, biete ich selbstlos meine Hilfe an, welche aber „leider“ nicht benötigt wird. Das gibt mir die Chance zunächst die Örtlichkeit auszuchecken. Zur Sicherheit schnalle ich mir vorher meine Kamera mit einem Allrounder-Objektiv um die Hüfte.
Im noch unaufgeräumten Konzertsaal treffe ich auf eine Vielzahl lieber Leute, die ich schon viel zu lange nicht gesehen hab.
Die Itchys tun so als würden sie arbeiten, während die Donots auf der Bühne feinste Nuancen des Sounds mit präzisen Ansagen an den Techniker feinjustieren.
Parallel werde ich von Ingo mit einem netten Augenzwinkern begrüßt während Alex mir beim Gitarrenspiel zuwinkt.
Keiner weiß wo Sibbi ist - Panzer meint, dass er ihn schon ewig nicht mehr gesehen hat und schüttet mich nach einer Umarmung mit Komplimenten zu: „Du duftest so gut - Seit heute morgen hänge ich nur mit stinkenden Leuten ab und dann kommst du!“ - Damit er sich besser fühlt, schwindle ich ihn an und sage, dass ich vor einer Stunde auch noch gestunken hätte.
Der Nachmittag könnte kurzweiliger nicht sein. Es ist wie ein Privatkonzert von den Donots, bei dem zwischendurch der Toten Hosen Schlagzeuger Vom Ritchie himself auf die Bühne kommt, einen Song trommelt, während Eike genüsslich seiner eigenen Band zuhört.
Dann kommt irgendwann der Itchy-Soundcheck. Die Jungs haben ihren Soundcheck inzwischen so perfektioniert, dass sie dabei nicht mal selbst spielen müssen. Der Techniker Jonas feuert einzelne aufgenommene Spuren der Bandmitglieder nacheinander ab und der Sound steht. Das neue Intro wird kurz live geübt. Auf Sibbies Frage, ob jemand jetzt noch einen Song spielen will, kommt von Max und Panzer nur ein Stirnrunzeln und ein klares Nein!
Nach so harter Arbeit hat sich die Band ein zünftiges Abendessen verdient. Zum Glück ist mein Magen noch von Ostern gedehnt, denn es gibt hier so leckeres Essen! Nach einem großartigen Hauptgang feinster Speisen gönne ich mir ein riesiges Stück Apfelkuchen mit karamellisierten Walnüssen. Vollgefressen bringe ich mein Geschirr weg und verharre kurz vor dem Cheesecake am Buffet. Nachdem ich mir selbst „übertreib‘s nicht“ sage, renne ich zur Sicherheit davon.
Bis zum Start von Samiam vertreiben wir uns sinnvoll die Zeit im Backstage. Hier gibt es Eishockey, Snacks, Schokolade und Getränke - Ich hole mir ein Bier aus dem prall gefüllten Kühlschrank und frage mich wie die hier alle so dünn sein können.
Irgendwann ist‘s dann nach 19:00 Uhr und es geht los. Samiam werden von Ingo angekündigt und spielen im Schummerlicht ein übernices Konzert. Gemeinsame Anekdoten von Ingo und Samiam haben mit einem Tourbus, der Bustoilette, einem „großen Geschäft“ und einer Flasche Wodka zu tun, was ich hier nicht weiter ausführe.
Leider kann ich das Konzert nicht ganz verfolgen, da ich mich um die Itchies kümmere. Etwas Nervosität ist im Raum zu spüren. Max wendet sich offen und vertrauensvoll an die Band, fragt in die Runde was mit ihm los sei und meint, dass er sonst nie nervös ist. Sibbi erkennt die Brisanz der Situation und bekräftigt Max mit dem Satz: „Wenn ich das Intro so scheiße gespielt hätte wie du, wäre ich jetzt auch nervös!“
Während die Donots die Itchies ansagen, erfolgt Backstage das Bandritual mit Schlachtruf und Schnaps, dann geht es los. Ich stürme mit Band auf die Bühne und merke, dass ich kein Instrument sonder nur eine Kamera in der Hand halte. Daher bremse ich mich ein wenig und verhalte mich unauffällig im Hintergrund.
Die Publikumsschnittmenge von den Donots und Itchy ist enorm und ich frage mich, warum es so lange gedauert hat das diese beiden Bands gemeinsam auf der Bühne stehen. Für mich und viele meiner Freunde ein absolutes Traumkonzert.
Itchy hat als zweiter Act 40 Minuten Spielzeit. Da Sibbi seinen Gitarrenkoffer vergessen hat, steigt er heute auf ein Brett. Die Stimmung ist großartig während die Luftfeuchtigkeit im Raum exponentiell ansteigt. Meine Klamotten sind bereits durchgeschwitzt aber die Show ist schneller vorbei als mir lieb ist.
Dann beginnt die Geburtstagsparty im Saunaclub. 90 Grad Celsius und 98% Luftfeuchtigkeit - Aufgussgeschmacksrichtung Schweiß und Bier im Verhältnis 8:1. Der Vorhang mit einem riesigen 25th Donots-Aufdruck fällt und das Silberhochzeitskarussell dreht sich 2,5 Stunden unermüdlich. Alter Münsteraner, was ist hier los!? Die Show ist gespickt mit Überraschungen und verliert an keinem Punkt an Spannung. Vom Ritchie supportet genau wie Sammy von den Broilers, es gibt Knicklichter-Throw-In-The-Air-Aktionen, Konfettikanonen, Circle-Pit mit Ingo, Akustik-Set auf Biertresen und strahlende Gesichter auf Bühne und im Publikum.
Vollkommen fertig, dankbar und glücklich ziehe ich mir nach der Show trockene Klamotten an, trinke ein Bier mit Eike und schnacke mit ihm rockstarmäßig über homöopathische Heilmittel für Pollen- und Hausstauballergie.
Happy Birthday Donots, danke liebe Itchies, danke liebe Donots - Ich hoffe auf bald und verbleibe
-Sebastian-