Der dritte Mai ist grundsätzlich ein besonderer Tag. Ähnlich wie der 1. Mai.
Am 1. Mai gibt es meist das erste Mal Spargel, selbst gezüchteten Salat meines Vaters und Erdbeerkuchen mit heimischen, frischen Erdbeeren. Zudem haben in meinem Familienkreis >2 Personen am 1. Mai Geburtstag. Ich hab irgendwann aufgehört zu zählen, wie viele bucklige Verwandte es sind. Wie auch immer! Der dritte Mai ist jedenfalls mein Geburtstag. Dieses Jahr habe ich mir zu meinem 28sten Geburtstag etwas ganz besonderes überlegt. Itchy spielen in Frankfurt und ich statte den Jungs einen Besuch ab. Wer will schon an seinem Geburtstag arbeiten. Die Voraussetzungen für einen perfekten Tag sind auf jeden Fall gegeben.
Den Berufsverkehr um Köln lasse im am Morgen erstmal abklingen, bevor ich mich in Düsseldorf ins Auto setze. Proviantbeutel mit einer Flasche Wasser, zwei Strooopwaffeltjes (wie auch immer man dieses holländische Wort schreibt) und einer angebrochenen Packung Bio-Reiswaffeln mit besonders viel „ohne Geschmack“ ist gepackt! Frühstück habe ich mir verkniffen, ganz nach dem Motto „intermittierendes Fasten“ ist gut für den Körper. Um 12:00 Uhr mache ich mich also pünktlich auf den Weg und nach ca. 6km auf der A3 ist der Proviantbeutel Geschichte.
Wir kommen sehr gut durch und parken das Auto direkt vor einer alten Kirche. Hier muss dieses Jugendzentrum St. Peter bestimmt irgendwo sein. Kaum schließe ich das Auto ab, kommt mir ein gut gelaunter und sichtlich entspannter Sibbi mit einem lauten „TÖNNNIII!!“ entgegen. „Wir spielen heute in der Kirche!“ Geil denke ich mir und werde in die Sakristei geführt, die heut „Backstage“ heißt.
Nett hier! Viel Platz und ein paar Hostien mit Hummus werden auch gereicht. Die Hostien sehen zwar irgendwie aus wie schnöde Aufbackbrötchen vom Dicounter aber hey, ich will ja nicht päpstlicher sein als der Papst.
Auch heute stehen Bühne und Equipment schon bereit und ich hoffe nicht, dass der Eindruck entsteht, dass ich immer erst auftauche, wenn alles schon steht. Mir wird zumindest von allen Seiten versichert, dass ich mal chillen soll. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, überlege mir, noch etwas Brot zu brechen und mit mir zu teilen. Max sprach währenddessen: "Nicht erschrecken, ich schrei hier gleich ein bisschen rum... ist nur für Instagram.“ Hat er scheinbar alkoholfreien Messwein (Bier) im Altar (Kühlschrank) gefunden, der Arme!
Auch wenn mein Mobile-Device heute kaum still steht und ich mich regelmäßig für den Anruf und die Glückwünsche bedanke, verheimliche ich allen Anwesenden, dass ich heute Geburtstag habe. Wer will sich denn schon in den Mittelpunkt der Messfeier drängen? Nicht, dass ich hier noch ans Kreuz geschlagen werde oder so...
Das Wetter ist wunderschön, der Saal eine Wonne und mit dem Bass-Sound stimmt heute ausnahmsweise irgendwie irgendwas nicht. „Hört ihr nicht auch dieses hochfrequente Piepen??" Wenn ich mich ganz arg konzentriere und dreimal den Rosenkranz bete, dann höre ich tatsächlich auch was! Der Saal hat einfach etwas spirituelles und man sollte auf jeden Fall auch auf die kleinen Zeichen achten!
Am Ende weiß ich nicht wirklich, ob das Problem durch Handauflegen oder dem Verabreichen von Messwein mit Drehmoment beseitigt wurde. In jedem Fall gibt es anschließend einen Soundcheck, der es in sich hat. Ganze 2,5 Songs werden getestet und die Jungs haben sichtlich ganz viel „gar keinen Spaß“.
Irgendwann tauchen die Mädels von Ocean Care auf und fallen mir gratulierend um den Hals. „Alles alles Liebe zum Purzeltag“. Wieder einmal fällt mir auf, dass die Schweizer sehr lustige Worte verwenden. Sehr süß! Im Laufe des Tages lerne ich noch weitere lustige Worte, die ich bis heute aber leider wieder vergessen habe.
Wir genießen alle das schöne Wetter mit erfrischenden Bieren, bestaunen die tätowierte brennende Kirche auf Max Wade und freuen uns über das schöne Wort „fußläufig“. Wenn man drüber nachdenkt, verwenden wir hier bei uns auch lustige Worte! Wieso heißt das eigentlich nicht beinläufig?
Heute gibt es zu meiner Freude kleine Mini-Pizzen beim Buffet. Der Insider weiß, dass ich einerseits zu den „anonymen Pizzaholikern“ gehöre bzw. Gründer dieser Organisation bin (aber das sage ich lieber keinem, da es ja sonst nicht mehr anonym wäre) und zum anderen einer der, wenn nicht der beste Pizzabäcker Europas bin. Da ich an noch keinem Pizza-Wettbewerb teilgenommen habe, kann man das nicht so ganz trennscharf sagen...
Irgendwie geht dann alles ganz schnell. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, Vizediktator stürmen die Bühne, ich mach mich warm im Fotograben und schon beginnt die heilige Messe von Itchy mit Erzkardinal Maximilian Zimmer an den Drums. Das Warmmachen dauert übrigens nur wenige Sekunden, da das alte Gemäuer ca. 87,3°C hat. Wer weiß, vielleicht ist ja der Fürst der Finsternis hier eingezogen, nachdem man das Gebäude umgenutzt hat.
Der Show tut’s auf jeden Fall sehr gut und die Hütte brennt. Sibbi hat sich heute übrigens extra ein weißes Shirt angezogen, um nicht so, Zitat: “unchristlich“ wie Max und Panzer daherzukommen. Panzer kompensiert dies zwischendurch mit einem spirituellen Bass-Solo, das er hinter dem Kopf und zum Teil ohne das Berühren seines Basses abfeuert. Ganze 17 Leute (+ Max) kaufen Panzer diese übermächtigen Fähigkeiten in den ersten 10 Sekunden ab. Wiedermal schafft die Band es, den Ort in Nächstenliebe und Zwischenmenschlichkeit zu verwandeln und ich genieße jede Sekunde meines Geburtstages.
Später, um 00:02 Uhr im Backstage verrät eine Freundin von mir den Jungs noch, dass ich Geburtstag hatte, was besonders Sibbi sehr sehr traurig macht. „Wir hängen hier den ganzen Tag ab und du sagst uns nicht, dass du Geburtstag hast und jetzt muss ich dir nachträglich gratulieren??“ Das wiederum macht mich sehr sehr traurig und ich gelobe Besserung für die Zukunft. Als hätte Sibbi gewusst, wie sehr ich Geburtstagslieder liebe, stimmt er lauthals Happy Birthday an, Vizediktator und alle anderen im Backstage machen mit und gucken mich fragen an, wie ich nur so dreist sein konnte, das zu verheimlichen. Die Schamesröte steigt mir ins Gesicht (ist mir zu letzt in der 6. Klasse im Französischunterricht passiert, wo ich beim laut Vorlesen „regardez vous“ statt „rendez-vous“ gelesen habe), Panzer schreit „wie süüüß“, Sibbi schenkt mir einen Lutscher und ein perfekter Tag neigt sich dem Ende zu.
Große Liebe!
Und noch ein paar weitere Bilder: